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Herzschuss

Herzschuss

Leseprobe: Toben im Gang. Robert legt das Buch weg, lehnt den Kopf gegen die Scheibe, die vom Rütteln des Busses vibriert, setzt sich die Kopfhörer auf und schaltet den Walkman an. Einleitende Klavierklänge und dann die Sopranstimme mit der Hymne an die Jungfrau - wobei er Michael heimlich beobachtet. «Was hörste da?», fragt ein Mädchen, das selber Kopfhörer aufhat. «Schubert.» «Was isn das?» «Ave Maria», singt Robert. «Ach du Scheiße!», ruft das Mädchen. «Was hörst denn du?» «David Hasselhoff!» «Ach du Scheiße!», äfft er sie nach und dreht sich nach dem Lärm in seinem Rücken um. Rüdiger produziert sich lauthals vor den Mädchen auf der letzten Sitzbank: Die sind schon voll da und zeigen, was sie haben, und der Junge grabscht nach ihren Brüsten. «Tu doch was!», ruft Sigrid und zerrt an seinem Walkman, als wollte sie sagen: Deinen beschissenen Schubert kannste auch zu Hause hören! Schulterzuckend steht Robert auf und bahnt sich einen Weg durch die Kinder, die wie die losgelassenen Affen rumturnen. Er bittet sie, sich hinzusetzen, und da er das eher ironisch meint, lächelt er dementsprechend, so dass sie einfach weitermachen und ihn «Arschloch!», «Blödian!» schimpfen. «Danke, gleichfalls», sagt er und verbeugt sich vor ihnen. Dann zuckt er zusammen: Michael sitzt auf seinem Platz und hat seinen Kopfhörer auf. «Wer sind John Thomas und Lady Jane», fragt der Junge und blättert im D. H. Lawrence. «Eigentlich heißen sie Constance und Parkin.» «Versteh ich nicht.» «Na ja - die beiden anderen Namen stehen in der englischen Umgangssprache für die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane», sagt Robert leise. «Dann geht‘s um Sex?» «Um Liebe.» «Ist doch das Gleiche.» «Nee - mehr.» «Spinner!», ruft Michael, springt auf und geht zurück zu seinem Platz. Pinkelpause. Stolperndes Gedränge. Die Jungen werden von Roland zu den Toiletten begleitet, die Mädchen von Sigrid und Tanja. Robert muss sich um die Proviantausgabe kümmern. Mist, jetzt fängt es auch noch an zu nieseln, und der Karton, den er mit Argusaugen bewacht, weicht auf. Die Kinder umringen ihn. Er verteilt die Fresspakete und passt auf, dass keiner sich zwei unter den Nagel reißt. «Arnold, du hattest schon nen Apfel.» «Na und?» «Zurück damit!» «Hab aber Schmacht!» Er pfeffert ihn zurück in den Karton. Dann sieht Robert die anderen Betreuer vom Toilettentrakt zum Restaurant hinüber gehen. Die schlürfen jetzt nen heißen Kaffee, während ich mir in der Nässe einen abfriere!, denkt er und vertreibt einen herrenlosen Hund, der ihn an einen Fernsehbericht über ausgesetzte Tiere in Urlaubszeiten erinnert. Die Kinder streicheln ihn, werfen ihm angebissene Brötchenhälften hin, die er gierig verschlingt, und beschweren sich dann, dass sie nicht satt geworden sind. «Na endlich!», ruft er den Betreuern zu, als sie zurückkommen. Die Polstersitze sind verklebt von ausgelaufenem Saft, ausgespuckten Kaugummis und aufgeweichter Schokolade. Weggeschmissenes Papier bedeckt den Boden, und als sie aussteigen, hinterlassen sie einen Saustall. Es regnet. Überall Pfützen. Die Jugendherberge besteht aus einstöckigen, barackenartigen, hufeisenförmig angeordneten Gebäuden: Im Krieg war sie eine Flakstation. Eine Fahne klatscht an den Mast. Ein rostiger Anker liegt auf dem mit Steinplatten gepflasterten Hof. Die Kinder kämpfen sich schreiend zu ihrem Gepäck durch. Da hinten ist Michael mit seinem Riesenkoffer buchstäblich im Schlamm stecken geblieben. «Ganz schöner Kaventsmann», sagt Robert und packt mit an: «Ist da Blei drin?» «Nee, Gold», sagt Michael und lässt los. «Soll ich den etwa allein tragen?» «Ist nur ein Griff dran.» «Der ist ja wohl stark genug!», ruft Barbara, die gepäckbeladen an ihnen vorbeikeucht: «Hilf mal lieber den Mädchen da drüben!» «Na los, Bimbo!», sagt Michael und schaut ihn mit seinen blauen Augen an. «Nicht in diesem Ton mit mir!» «Sollt n Scherz sein», grinst er, tritt ganz dicht an ihn heran und wischt ihm die Regentropfen von den Brillengläsern: «Kuckuck!»


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Herzschuss
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